3. September 2024

Nach den Triumphen über 5000 und 800 m sichert sich die Rollstuhl-Leichtathletin Catherine Debrunner an den Paralympics in Paris auch über 1500 m die Goldmedaille.

Catherine Debrunner gewinnt als erste Schweizerin dreimal
Gold bei denselben Paralympics. Die Thurgauerin erlebt in Paris
historische Spiele. Aber der Sturz von Teamkollegin Manuela Schär
trübt ihre Freude.

Als Catherine Debrunner im Gang zu den Katakomben des Stade de
France steht, könnte sie sich uneingeschränkt freuen. Schliesslich
hat sie über 1500 m wieder Gold geholt, wie schon über 5000 m und
800 m. Wieder mit paralympischem Rekord.

Aber als die Mikrofone auf sie gerichtet sind, gibt es etwas, das
sie von "gemischten Gefühlen" sprechen lässt. Denn in diesem
Regenrennen auf der rutschigen Bahn gab es auch den Sturz ihrer
Teamkollegin Manuela Schär, die just zu Beginn der letzten Runde
mit der Chinesin Zhou Zhaoqian kollidierte. "Ich erlebe gerade ein
Chaos der Gefühle", sagt die Thurgauerin.

Schär selber wählt ähnliche Worte, nachdem sie nach der
Goldmedaille über 800 m, die für sie eine grosse Befreiung gewesen
sei, eine neuerliche Enttäuschung zu verdauen hat. Sie spricht von
einem "ärgerlichen und unnötigen Fehler". Sie habe der Chinesin zu
wenig Platz gelassen, und weil sie dann nicht gleichzeitig den
Regulator ihres Vorderrades betätigt hätten, sei es zum
Zusammenstoss gekommen. Die 39-jährige Luzernerin, die in Paris
ihre letzten Bahnrennen absolviert, wirkt erstaunlich ruhig und
gefasst. Und sie verliert auch nach derartigen Vorkommnissen den
Humor nicht, wenn sie mit einem Lachen Glückwünsche Richtung
Teamkollegin schickt. "Mega cool, hat Catherine gewonnen. Ich hatte
da leider gerade andere Probleme."

Viel schlafen, viel gewinnen

Debrunner hätte sich den Verlauf des Rennens zwar anders
vorgestellt und "überhaupt nicht" damit gerechnet, die ganze Zeit
vorne zu bleiben. Als sie dann aber gemerkt habe, dass niemand nach
vorne gehen und Führungsarbeit machen wolle, habe sie ihre Taktik
angepasst und das Rennen von der Spitze aus kontrolliert. "Ich bin
überglücklich und auch stolz, dass es aufgegangen ist", sagt
Debrunner, der gar nicht bewusst ist, Historisches geschafft zu
haben. Sie ist nämlich die erste Schweizer Frau, die an denselben
Paralympics drei Goldmedaillen gewinnt. "Ich bin nicht so gut mit
Statistiken, aber es ehrt mich natürlich extrem. In der Schweiz gab
es so viele gute Rollstuhlsportlerinnen. Dass ich etwas als Erste
erreichen kann, ist eine riesige Ehre für mich."

Doch wie schafft es die 29-Jährige, trotz des strengen Programms
jeden Tag nicht nur wieder bereit zu sein, sondern auch gleich
Rekorde zu brechen? Sie nehme sich bewusst zurück in allem, was
nicht ihren Sport betreffe, sagt Debrunner. Sie gebe nur wenige
Interviews, fokussiere sich nach ihren Pflichten im Stade de France
auf die Erholung, schlafe viel. "Ich habe die Goldmedaillen auf
meinem Nachttisch. Vielleicht schlafe ich deshalb so gut", sagt sie
und lacht.

Umstellung auf Kurzstrecken

Am Mittwoch macht Catherine Debrunner mit dem Rennen über 100 m
einen Abstecher in die Kurzstrecken. An der WM im letzten Jahr gab
es über diese Distanz Silber für die Ostschweizerin. "Es ist schon
eine Umstellung von taktischen Rennen auf Sprintrennen", sagt
Debrunner. "Aber ich habe ja etwas Zeit, mich vorzubereiten."
Danach stehen noch die 400 m und zum Abschluss der Marathon im
Programm. Siegchancen hat Debrunner überall. Hoffentlich ist der
Nachttisch gross genug.

 

Text: Simon Scheidegger

Foto: Ennio Leanza

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