25. November 2022

In der neuen Ausgabe des Newsletters merci blickt Swiss Paralympic auf die erfolgreiche Sommersaison der Para-Athlet*innen zurück. Im Interview erzählt die Handbikerin Sandra Stöckli, wie und wann der Entscheid fiel, alles auf die Karte Sport zu setzen.

Sandra Stöckli ist erstmals Gesamtweltcupsiegerin 2022 und eine der wenigen Para-Athletinnen, welche aktuell vom Sport leben. Die Handbikerin aus Jona SG hat spätestens in Rio 2016 gemerkt, dass es ohne Profi-Status schwierig wird, die Weltspitze zu erreichen. Dies hat die 37-Jährige nun geschafft.

Sandra Stöckli, du hast in Québec erstmals zwei Weltcupsiege geholt und wurdest Gesamtweltcupsiegerin 2022. Wie hast du dies erlebt?

Den Gesamtweltcupsieg hatte ich überhaupt nicht auf dem Radar. Ich hatte zwar eine starke Saison hinter mir, aber der Gesamtweltcupsieg kam für mich völlig überraschend. Man hat mich nach der Siegerehrung nach meiner Trikotgrösse gefragt, erst dann habe ich dies realisiert. Rückblickend gesehen war es richtig so, denn es wäre zusätzlicher Druck gewesen. Der Gesamtweltcupsieg bedeutet mir sehr viel.

Egal ob Sonne oder Regen, bergig oder flach, du warst bei jedem Rennen der Saison auf dem Podest. Wie konntest du diese Konstanz erreichen?

Im Winter habe ich sehr viele Strassenkilometer zurückgelegt, deshalb hatte ich eine super Grundlage. So konnte ich mich nach einem Rennen schnell erholen. Zudem hat alles gestimmt, das Umfeld, die Trainer, den Staff… zum Beispiel hat der Mechaniker in Belgien nach einem Crash im Training mein Handbike mit einem Kochlöffel geflickt und alles gegeben, damit ich im Weltcuprennen starten konnte. Ich hatte auch eine wahnsinnige Freude, diese Rennen zu fahren und war sehr ruhig, das hat sich positiv ausgewirkt. Es ist das Resultat von jahrelangem hartem Training.

Viele Para-Athlet*innen arbeiten neben dem Spitzensport.  Du hast nach Rio 2016 den Weg als Profi eingeschlagen. War es schwierig, diesen Entscheid zu treffen?

Ich habe festgestellt, dass ich Weltmeisterschaften und Paralympics als Ziel nicht erreiche, wenn ich nebenbei 50% in der Stadtverwaltung arbeite, da sich unser Sport dermassen professionalisiert hat. Da musste ich mich entscheiden, ob ich weiterhin arbeiten oder Sport auf hohem Niveau betreiben will. Mit der Doppelbelastung war ich zeitweise gesundheitlich am Limit, da ich beide Jobs perfekt machen wollte. Ich habe sehr lange gebraucht, um diesen Schritt zu machen, einige Leute haben auch gesagt, dass ich spinne… aber ab und zu muss man im Leben auch mutig sein. Das hätte ich sonst mein Leben lang bereut.

War es einfach, Sponsoren zu finden?

Sponsoren in unserer Sportart zu finden ist sehr schwierig und es braucht unglaublich viel Energie. Da steckt Nächteweise Arbeit dahinter, man darf nicht das Gefühl haben, dass jemand anklingelt und einfach Geld gibt. Man muss sich eine clevere Strategie überlegen. Bereut habe ich den Entscheid trotzdem nie, auch wenn ich finanziell schwierige Zeiten hinter mir habe. Erst seit diesem Jahr erhalte ich zusätzliche Fördermittel. Wäre die Leidenschaft für den Sport nicht so gross, hätte ich sicher früher aufgegeben.

Welche Ziele setzt du dir für nächstes Jahr?

Mein Ziel ist, die Leistungen von diesem Jahr zu wiederholen und weiterhin eine Medaillengarantin für die Schweiz zu sein. Dafür werde ich im Winter im Trainingskeller wieder schwitzen und leiden. Das Ziel ist auch, genug Quotenplatz-Punkte für Paris 2024 zu sammeln. Der ganze Trainingsaufbau ist auf die Paralympics und die WM in Zürich 2024 ausgerichtet.

Abseits vom Rennzirkus, was machst du sonst noch gerne? 

Nach der Saison geniesse ich es, ein paar Pässe zu fahren. Ich freue mich, dass ich dann auch mal 4-5 Stunden unterwegs sein und an einem schönen Platz einen Kaffee trinken kann, ohne auf die Wattzahl und den Puls achten zu müssen.

Was wünschst du dir für die Handbike-Szene oder den Para-Sport allgemein?

Ich wünsche mir, dass wir das, was wir medial in Tokyo 2020 erreicht haben, weiterziehen können. Dank der Live-Übertragung auf SRF wurde unsere Sportart mehr in die Öffentlichkeit gerückt. Mehr Medienpräsenz öffnet das ein oder andere Türchen, gerade was das Sponsoring betrifft. Ich wünsche mir auch, dass alle Handbiker, egal ob jung oder alt, Hobbysportler oder Profis, mit Freude dabei sind. Die Freude und Leidenschaft am Sport sind das Wichtigste.

 

Lesen Sie weitere Rückblicke, Ausblicke und Porträts in der neuen Ausgabe des Newsletters merci. 

 

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